Therapie statt Knast? § 35 BtMG macht’s möglich!

Unter Drogenkonsumenten, die sich strafbar gemacht haben, wird oft geraten: „Zieh doch den 35!“ Was damit gemeint ist und was es dabei zu beachten gilt, erklärt Fachanwalt für Strafrecht Dr. Maik Bunzel in diesem Beitrag. Dr. Bunzel ist bundesweit als Strafverteidiger tätig. Derzeit verteidigt er den Angeklagten im Verfahren wegen des größten Heroin-Fundes in der bundesdeutschen Geschichte.

In § 35 BtMG ist normiert, in welchen Fällen die Strafvollstreckung in einer JVA durch eine Drogentherapie ersetzt werden kann. Die Entscheidung hierüber trifft die Vollstreckungsbehörde – dies ist bei Erwachsenen die Staatsanwaltschaft und bei Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht der Jugendrichter. Die Zurückstellung ist hierbei an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Das Urteil muss rechtskräftig sein.
  • Die Straftat muss wegen einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden sein; bei mehreren Verurteilungen muss dieser Zusammenhang bei jeder der Straftaten vorliegen.
  • Der zu verbüßende Strafrest darf nicht höher als 2 Jahre sein. Dies gilt bei mehreren Verurteilungen für jede Gesamtstrafe einzeln.
  • Die Therapie muss der Rehabilitation dienen.
  • Die Therapie muss begonnen haben oder ihr Beginn muss sichergestellt sein.
  • Das Gericht der ersten Instanz muss zugestimmt haben.
  • Der Verurteilte muss seine Therapiebereitschaft erklären. Hierbei geht es um den ernsthaften Willen, auch bei Fortsetzung des Drogenkonsums.

Umgekehrt sind einige Voraussetzungen gerade nicht zu erfüllen – hier besteht leider auch seitens der Justiz manchmal Unklarheit:

  • Nur Therapien in stationären Einrichtungen? Nein, es genügt auch eine ambulante Entwöhnungstherapie.
  • Durchführung der Behandlung in einer staatlich anerkannten Einrichtung? Nein, solche werden zwar gern gesehen, sind aber nicht verpflichtend.
  • Nachweis der Therapiemotivation? Nein, es muss nur mehr geäußert werden als der Wunsch nach Freiheit.
  • Bislang keine Therapie? Nein, im Gegenteil: Abbrüche und weitere Therapien sind gerade typisch. Selbst mehrere Abbrüche stehen einer (erneuten) Zurückstellung nicht im Weg.

Hieran wird deutlich, dass die Weichen für eine Zurückstellung der Strafvollstreckung frühzeitig gestellt werden müssen. Es genügt nicht, ein Urteil zu „kassieren“ und danach einen Antrag auf Zurückstellung anzubringen, um der Ladung zum Strafantritt zuvorzukommen oder aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden.

Beispielsweise muss für den Zusammenhang zwischen Straftat und Betäubungsmittelabhängigkeit feststehen, dass eine Betäubungsmittelabhängigkeit überhaupt vorliegt. Es ist daher sinnvoll, schon in der Hauptverhandlung darauf hinzuwirken, dass hierzu Feststellungen in die Urteilsgründe gelangen. Insbesondere darf in der Hauptverhandlung nicht das Gegenteil (also gerade keine Betäubungsmittelabhängigkeit) durch einen Sachverständigen festgestellt worden sein – andernfalls gilt dies auch für die Vollstreckungsbehörde als erwiesen. Die Feststellungen zur Abhängigkeit können ihrerseits positive Auswirkungen auf das Strafmaß haben – nämlich bei Annahme verminderter Schuldfähigkeit. Auch hierauf kann eine Verteidigungsstrategie abzielen, sodass mehrere Verteidigungsziele ineinandergreifen.

Auch der Zusammenhang zwischen Straftat und Abhängigkeit sollte sich aus dem Urteil selbst ergeben. Vor allem müssen die Angaben im Urteil hierzu so aussagekräftig sein, dass sie der Sachbearbeiter der Vollstreckungsbehörde nachvollziehen und prüfen kann.

In Betracht kommt die Zurückstellung nach § 35 BtMG nicht nur bei Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz (Handeltreiben etc.), sondern auch bei indirekter Beschaffungskriminalität. Zu denken ist hier an Urkundenfälschung (Rezepte etc.), außerdem an Diebstahl, Betrug, Raub und ähnliche Delikte, die dazu dienen, Geld oder Tauschgegenstände zu erlangen, um hiervon Betäubungsmittel erwerben zu können. Es genügt auch, wenn diese Straftaten nur zum Teil dazu dienen, Drogen oder Ersatzstoffe zu beschaffen, während von weiteren Teilen der Beute der Lebensunterhalt bestritten wird.

Die 2-Jahres-Grenze des § 35 BtMG bietet ebenfalls Ansätze für die Verteidigung. Nicht nur kann eine Strafmaßverteidigung die Zurückstellung überhaupt erst möglich machen. Auch ein Überblick über bereits bestehende Verurteilungen und die Chancen, auch hier die Vollstreckung zurückzustellen, ist unabdingbar und für den Betroffenen ohne professionelle Beratung durch einen im Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt meist nicht zu erlangen.

Ein Freund oder ein Familienangehöriger benötigt Hilfe in einem Strafverfahren, das seinen Ursprung in der Betäubungsmittelabhängigkeit hat? Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel berät Sie gern zu den Möglichkeiten. Ein telefonisches Gespräch zur ersten Orientierung ist hierbei stets kostenfrei.

Kontakt

In dringenden Fällen erreichen Sie Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus rund um die Uhr unter 0151 21 778 788. Die Kanzlei ist telefonisch montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 0355 49 49 455-0 erreichbar.

Gern können Sie auch das Kontaktformular nutzen. Ihre Nachricht wird werktags in aller Regel binnen weniger Minuten gelesen.

ABSENDEN

Kontakt

In dingengenden Fällen erreichen Sie Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus rund um die Uhr unter 0151 21 778 788. Die Kanzlei ist telefonisch montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 0355 49 49 455-0 erreichbar.

Gern können Sie auch das Kontaktformular nutzen. Ihre Nachricht wird werktags in aller Regel binnen weniger Minuten gelesen.

ABSENDEN