Beitragsbescheid nach Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV) anfechten – Insolvenz und Freiheitsstrafe abwenden!

Nach einer Betriebsprüfung durch die Rentenversicherung drohen oft nicht nur horrende Nachzahlungen, sondern auch mehrjährige Haftstrafen. In diesem Beitrag erklärt Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel, wie Betroffene vorgehen sollten. Dr. Bunzel ist Fachanwalt für Strafrecht und zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht. Seine Kanzlei betreibt Standorte in Berlin und Cottbus. Im Wirtschaftsstrafrecht, im Steuerstrafrecht und in allen hiermit in Verbindung stehenden Verfahren vor den Finanzgerichten und Sozialgerichten ist Rechtsanwalt Dr. Bunzel bundesweit tätig.

Was prüft der Betriebsprüfer?

Im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung vergewissert sich der Betriebsprüfer zunächst, ob für die angemeldeten Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. Ist dies nicht der Fall, werden Nachzahlungen fällig.

Weit schwerwiegender ist jedoch folgende Konstellation: Dem Betriebsprüfer fällt eine Vielzahl freier Mitarbeiter, „Nachunternehmer“ bzw. Subunternehmer oder sonstiger auf eigene Rechnung tätiger Personen auf, die für den geprüften Betrieb tätig sind. Hier ist stets zu hinterfragen, ob es sich um Fälle der Scheinselbständigkeit handelt. Geprüft werden die letzten 4 Jahre vor der Betriebsprüfung. Im schlimmsten Fall kommt der Betriebsprüfer zu dem Schluss, dass die falsche Annahme einer selbstständigen Tätigkeit des Beschäftigten vorsätzlich erfolgte – dann können Beiträge nicht nur für 4, sondern für bis zu 30 Jahre nachgefordert werden.

Was passiert, wenn der Betriebsprüfer fündig geworden ist?

Wurde der Betriebsprüfer fündig, wird in beiden Fällen in aller Regel ein Strafverfahren nach § 266a StGB eingeleitet. Eine Verurteilung hat für den Betroffenen meist den Verlust der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zur Folge: Es wird ihm dann untersagt, (s)ein Gewerbe zu betreiben. Das Strafmaß bei Verstößen gegen § 266a StGB liegt bei bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Außerdem müssen die Sozialabgaben nachgezahlt und zusätzlich Säumniszuschläge beglichen werden. Bei der Beschäftigung Scheinselbständiger gilt die Nettolohnfiktion, der Betroffene muss also Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile nachzahlen.

Hierzu ein Beispiel:

Hat ein „Nachunternehmer“ 3.500 Euro für einen Monat abgerechnet, gilt dies als Nettolohn. Der Bruttolohn liegt dann bei ca. 5.800 Euro. Die Beiträge zur Sozialversicherung belaufen sich dann allein für diesen Mitarbeiter auf ca. 2.000 Euro im Monat. In vier Jahren kommen auf diese Weise ca. 96.000 Euro für nur einen Mitarbeiter zusammen. Die Säumniszuschläge liegen etwa bei der Hälfte dieses Betrages.

Erstreckt sich dies auf mehrere Mitarbeiter und über mehrere Jahre, kommen hier schnell hohe sechs- oder gar siebenstellige Beträge zusammen.

Frühzeitige Beratung rettet (nicht nur) das Unternehmen

Bereits während der laufenden Betriebsprüfung können Betroffene vieles falsch machen. Häufig werden Fragen des Betriebsprüfers vorschnell und oberflächlich beantwortet. Auch Steuerberater sind hier leider oft zu auskunftsfreudig und erkennen die Tragweite ihrer Angaben nicht: Fast alle Nachfragen des Prüfers haben zum Ziel, eine Abgrenzung zwischen echter Selbstständigkeit und Scheinselbständigkeit zu ermöglichen. Hierfür hat die Rechtsprechung zahllose Anhaltspunkte zusammengetragen – der Prüfer muss diese nur abfragen und „abhaken“. Schon an dieser Stelle sollte deshalb ein versierter Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Dieser kennt die einschlägige Rechtsprechung und weiß, was man vortragen sollte – und was lieber nicht.

Beispielsweise denken viele Unternehmer, es genüge, wenn ein „freier Mitarbeiter“ auch andere Auftraggeber hat. Das ist ein Irrtum. Wer selbstständig tätig ist, muss in der Regel auch selbst unternehmerisches Risiko tragen, eine eigene Betriebsstätte haben, nicht in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert sein etc.

Rechtsschutz gegen den Beitragsbescheid

Nicht selten gelangt der Betriebsprüfer aber auch bei anwaltliche beratenen Betroffenen zu dem Ergebnis, dass Beiträge nachzufordern sind. Dies liegt zumeist nicht an der Unfähigkeit des Anwalts oder der Böswilligkeit des Prüfers: Sehr oft bewegen sich Betroffene bewusst in einer Grauzone. Die Gründe hierfür – etwa der starke Preisdruck der Konkurrenz, die ebenso agiert – mögen individuell nachvollziehbar sein, ändern aber nichts am weiteren Verfahrensgang: Es wird ein Beitragsbescheid erlassen.

Schon dieser Bescheid ist vollstreckbar – ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Widerspruch muss also gegenüber der Deutschen Rentenversicherung ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub gestellt werden. Dieser Antrag wird jedoch fast immer abgelehnt: Die Rentenversicherung müsste andernfalls zu dem Zwischenergebnis gelangen, dass der eigene Bescheid womöglich falsch ist. Hierauf sollte man nicht hoffen.

Stattdessen muss beim zuständigen Sozialgericht ein Eilrechtsschutzverfahren betrieben werden. Hier kommt es nicht nur darauf an, ob der Beitragsbescheid bei summarischer Prüfung rechtswidrig erscheint, sondern auch darauf, ob die sofortige Vollziehung existenzvernichtend für den Betroffenen wäre. Dies ist sehr oft der Fall, weil die Beitragsforderungen regelmäßig in die Insolvenz führen. WICHTIG: Wird der Widerspruch zwischenzeitlich beschieden, muss in der Hauptsache Klage gegen den Beitragsbescheid erhoben werden – andernfalls kann das Eilrechtsschutzverfahren keinen Erfolg mehr haben.

War das Eilrechtsschutzverfahren erfolgreich, stellt dies nicht nur die Weichen für das Hauptsacheverfahren: Ist der Rentenversicherung bekannt, dass bei einer Vollstreckung die Insolvenz des Betroffenen in Aussicht steht, kann mitunter auch nach Erlass des Bescheides eine Einigung erzielt werden – etwa der Höhe nach auf eine bestimmte Summe und insoweit auf eine Ratenzahlung. Zudem gewinnt der Betroffene Zeit, sodass er – sollte eine Ratenzahlung nicht in Betracht kommen – Mittel beschaffen kann, um die Forderung zu erfüllen, etwa durch einen Bankkredit.

Auswirkungen auf das Strafverfahren nach § 266a StGB

Wird eine Einigung mit der Rentenversicherung erzielt oder die Forderung aus dem Beitragsbescheid – ggf. durch Kreditaufnahme etc. – erfüllt, hat dies unter dem Stichwort „Schadenwiedergutmachung“ enorme Auswirkungen auf das Strafmaß in der Strafsache wegen der Verstöße gegen § 266a StGB. In besonders schweren Fällen drohen hier wie erwähnt Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren. Eine Verständigung mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht führt fast immer zu glimpflicheren Ergebnissen. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein Geständnis – und ein solches ist weit weniger wert, wenn parallel hanebüchener Vortrag im Widerspruchsverfahren oder beim Sozialgericht erfolgt und die Forderung aus dem Beitragsbescheid in voller Höhe offen ist.

Was kostet ein Anwalt in diesem Bereich?

Die Beratung bei einer Betriebsprüfung, die Rechtsbehelfe gegen einen Beitragsbescheid und die Strafverteidigung sollten unbedingt koordiniert erfolgen. Der Aufwand hierfür kann beträchtlich sein. Gute Anwälte arbeiten deshalb in aller Regel ausschließlich auf Basis einer Honorarvereinbarung. Üblich sind Pauschalhonorare nach Verfahrensabschnitten und Stundenhonorare. Der Stundensatz liegt dabei je nach Region und Qualifikation des Anwalts zwischen 300 und 800 Euro. Diese Kosten werden ggf. von der Unternehmer-Rechtsschutzversicherung des Betroffenen nach Maßgabe der vereinbarten Versicherungsbedingungen teilweise oder vollständig übernommen.

Kontakt

In dringenden Fällen erreichen Sie Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus rund um die Uhr unter 0151 21 778 788. Die Kanzlei ist telefonisch montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 0355 49 49 455-0 erreichbar.

Gern können Sie auch das Kontaktformular nutzen. Ihre Nachricht wird werktags in aller Regel binnen weniger Minuten gelesen.

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