Corona-Testbetrug vor dem BGH: Streng formale Betrachtungsweise mit weitreichenden Folgen

Die strafrechtliche Aufarbeitung des Abrechnungsbetrugs im Zusammenhang mit Corona-Teststellen hat mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. Dezember 2024 (5 StR 498/23) eine neue Eskalationsstufe erreicht. Der BGH bekennt sich in seiner Entscheidung klar zur Anwendung der streng formalen Betrachtungsweise beim Abrechnungsbetrug und stellt damit die Weichen für eine besonders strenge juristische Behandlung der ehemaligen Betreiber von Corona-Testzentren. Die Entscheidung ruft erhebliche Bedenken hervor – sowohl im Hinblick auf den Schuldumfang als auch mit Blick auf die massive finanzielle Belastung durch Einziehung der Taterträge.

Dr. Maik Bunzel, Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht und zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht, mit Kanzleistandorten in Cottbus, Berlin und Kiel, war bereits in einer Vielzahl von Verfahren zur strafrechtlichen Aufarbeitung der Pandemie-Verordnungen tätig. Er kennt die systemischen Schwächen der Regelwerke und die typischen Verteidigungsspielräume im Zusammenhang mit der Abrechnung von Testleistungen.

Sachverhalt: Identitätstäuschung und Scheinleistungen

Der Angeklagte betrieb in Berlin insgesamt 18 Corona-Teststellen, von denen er nur zwei unter seinem eigenen Namen zertifizieren ließ. Die anderen wurden mit Hilfe falscher oder fremder Personalien angemeldet. In elf der Teststellen fanden laut BGH überhaupt keine Tests statt, in den restlichen wurden deutlich weniger Tests durchgeführt als abgerechnet. Mit den erhaltenen Zugangsdaten meldete er sich regelmäßig im Abrechnungsportal der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV B.) an und reichte dort monatlich manipulierte Abrechnungen ein. So flossen insgesamt fast 9,7 Millionen Euro auf seine Konten.

Bemerkenswert ist, dass der BGH nicht nur für vollständig fingierte Testungen einen Betrug annimmt, sondern auch für tatsächlich durchgeführte Tests, sofern diese unter falscher Identität abgerechnet wurden. Aus Sicht des Gerichts ist die Identität des zertifizierten Teststellenbetreibers mit dem Abrechnenden eine anspruchsrelevante Tatsache. Fehlt sie, fehlt auch der Erstattungsanspruch.

Streng formale Betrachtungsweise des Schadensbegriffs

Nach dem BGH liegt ein Vermögensschaden bereits dann vor, wenn eine Leistung – hier: ein Corona-Test – unter Verstoß gegen abrechnungsrelevante Vorschriften erbracht wurde. Dies gilt auch dann, wenn der Test medizinisch korrekt und fachlich einwandfrei durchgeführt wurde. Die Rechtsfolge: Selbst tatsächlich erbrachte Tests sind bei Verstoß gegen formale Voraussetzungen wie die Personalienvorgabe nicht mehr erstattungsfähig. Die gesamte Zahlung wird als Schaden gewertet.

Diese Sichtweise ist aus strafverteidigerischer Sicht problematisch. Der Betrugstatbestand dient dem Schutz des Vermögens. Wird jedoch der wirtschaftliche Wert einer medizinisch erbrachten Leistung allein wegen formaler Mängel verneint, werden faktisch sozial- und gesundheitspolitische Normen zum strafrechtlichen Schutzgut erhoben. Der legitime Zweck, das Vermögen des Staates zu schützen, tritt in den Hintergrund. Dies öffnet die Tür für eine ausufernde Strafbarkeit, wie Dr. Bunzel aus seiner Praxis beobachtet.

Einziehung: Zusätzliche wirtschaftliche Belastung

Der BGH sprach sich auch für die Einziehung der Taterträge in voller Höhe aus. Dabei wurde die Ansicht vertreten, dass der Teststellenbetreiber keinerlei rechtlichen Anspruch auf die Zahlungen hatte und somit keinen wirtschaftlich werthaltigen Gegenwert erbracht habe. Die Folge: Die gesamten Erstattungsbeträge gelten als aus einer Straftat erlangt und unterliegen der Einziehung. Kosten für Personal, Raummiete, Hygienematerial oder ähnliches bleiben unberücksichtigt.

Dr. Maik Bunzel warnt vor den verheerenden finanziellen Folgen für Betroffene. Besonders kritikwürdig ist, dass nicht einmal eine teilweise Verrechnung möglich ist. Wer unter falschem Namen Testzentren betrieb, selbst aber Tests durchführte, sieht sich plötzlich mit Millionenrückfälligkeiten konfrontiert – und das selbst dann, wenn die Leistungen im öffentlichen Interesse erbracht wurden.

Kritik an der Ausweitung des Betrugstatbestands

Die Argumentation des BGH stellt eine faktische Ausweitung des Betrugstatbestands dar. Es wird nicht mehr allein der wirtschaftliche Schaden betrachtet, sondern auch die Verletzung formaler Voraussetzungen wie die ordnungsgemäße Personenzuordnung. Dies widerspricht dem Grundprinzip der Strafrechtsdogmatik, wonach allein das Vermögen geschütztes Rechtsgut des § 263 StGB ist.

Dr. Bunzel betont, dass dies eine unzulässige Vermengung von Vermögensschutz und Gesundheitsrecht darstellt. Gerade angesichts der unklaren und vielfach überstürzt erlassenen Regelungen der Pandemiezeit sollten Strafgerichte zurückhaltend agieren. Die Annahme eines Schadens in voller Höhe ohne jede wertmäßige Kompensation für tatsächlich geleistete Arbeit erscheint unverhältnismäßig.

Verteidigungsansätze: Differenzierung statt Pauschalisierung

Verteidigung gegen solche Vorwürfe verlangt eine exakte Analyse der zugrunde liegenden Abrechnungen, der Abläufe in den Teststellen und der konkreten Beteiligung des Mandanten. Es muss geprüft werden, ob und welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden, in welchem Umfang Identitätsverstöße vorlagen und ob der Schaden tatsächlich in voller Höhe entstanden ist.

Dr. Maik Bunzel entwickelt gemeinsam mit seinen Mandanten realistische Verteidigungsstrategien, die insbesondere darauf abzielen, die Einziehung auf ein verhältnismäßiges Maß zu begrenzen und die Einzelfallumstände angemessen zu würdigen. Durch sorgfältige Aufarbeitung der Betriebsabläufe kann in vielen Fällen ein verminderter Schuldumfang erreicht werden.

Fazit: Strafrechtlicher Ausnahmezustand darf nicht zur Regel werden

Die Entscheidung des BGH reiht sich in eine Linie ein, die eine strikte und formalistische Auslegung strafrechtlicher Tatbestände bei Abrechnungsbetrug forciert. Gerade im Rückblick auf eine Ausnahmesituation wie die Corona-Pandemie ist jedoch Vorsicht geboten. Die Justiz darf nicht zum späten Korrektiv politischer Eile werden, indem sie nun die regelwidrigen Bedingungen der Pandemiezeit mit aller Härte sanktioniert.

Wenn Sie oder Ihr Unternehmen im Zusammenhang mit Abrechnungen nach der TestV ins Visier der Strafverfolgung geraten sind, zögern Sie nicht, sich an Dr. Maik Bunzel zu wenden. Als Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht und zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht prüft er sorgfältig Ihre Situation und entwickelt eine individuelle Verteidigungsstrategie. Nutzen Sie das Kontaktformular auf strafverteidiger-cottbus.de – denn im Strafrecht zählt jeder Schritt.

Kontakt

In dringenden Fällen erreichen Sie Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus rund um die Uhr unter 0151 21 778 788. Die Kanzlei ist telefonisch montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 0355 49 49 45 50 erreichbar.

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