DNA-Einmalabgleich nach § 98c StPO: Wenn Ermittlungspraktiken an rechtliche Grenzen stoßen

Moderne kriminaltechnische Methoden haben in den letzten Jahrzehnten einen tiefgreifenden Wandel in der Ermittlungsarbeit bewirkt. Besonders die Analyse und Nutzung von DNA-Spuren gilt heute als eines der präzisesten Mittel zur Identifizierung von Tatverdächtigen. Dabei ist die Technik des DNA-Einmalabgleichs von besonderem Interesse, denn sie erlaubt es, ein neu gewonnenes DNA-Profil eines Beschuldigten einmalig mit der zentral geführten DNA-Analysedatei (DAD) abzugleichen. Im besten Fall kann so ein Tatverdächtiger identifiziert oder entlastet werden. Doch diese Maßnahme steht juristisch auf wackeligem Fundament – vor allem dann, wenn sie auf Grundlage des § 98c StPO durchgeführt wird.

Die Strafprozessordnung kennt mehrere spezialgesetzliche Regelungen für den Umgang mit genetischem Material. Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen – ein durch das Grundgesetz besonders geschütztes Recht – nicht unnötig verletzt wird. Besonders sensibel sind genetische Daten nicht nur wegen ihrer einzigartigen Identifikationskraft, sondern auch wegen der Vielzahl an Informationen, die sie über die genetische Veranlagung, Herkunft oder gesundheitliche Disposition einer Person enthalten.

Der DNA-Einmalabgleich, wie er derzeit in einigen Bundesländern zur Anwendung kommt, wird jedoch häufig auf § 98c StPO gestützt. Diese Vorschrift erlaubt grundsätzlich einen maschinellen Abgleich personenbezogener Daten mit anderen in Strafverfahren erhobenen und gespeicherten Daten zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr. Die Voraussetzung dafür ist denkbar gering: Es reicht ein Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO, um diese Maßnahme zu rechtfertigen. Eine richterliche Anordnung ist nicht erforderlich, ebenso wenig wie eine besondere Dokumentation.

Diese Praxis ist jedoch hochproblematisch, wenn sie sich auf DNA-Daten erstreckt. Denn DNA-Material fällt in den Anwendungsbereich des § 81g Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StPO, der für die Verwendung solcher Daten deutlich strengere Anforderungen vorsieht. Hier verlangt das Gesetz neben dem Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung auch eine sogenannte Negativprognose. Letztere besagt, dass eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass die betroffene Person auch in Zukunft erhebliche Straftaten begehen wird. Diese Voraussetzungen sollen dem besonders hohen Schutzbedürfnis genetischer Daten Rechnung tragen.

Die Verwendung des § 98c StPO zur Rechtfertigung eines DNA-Einmalabgleichs umgeht diese spezialgesetzlichen Hürden. Und genau das ist aus rechtsstaatlicher Perspektive bedenklich. Wer diese Hürden missachtet, verletzt das Prinzip der Normenhierarchie sowie die systematische Bedeutung spezieller Schutzvorschriften. Dies hat das Landgericht Kiel in einem vielbeachteten Beschluss klargestellt. Es stellte fest, dass der auf § 98c StPO gestützte DNA-Einmalabgleich ohne Beachtung der Voraussetzungen des § 81g Abs. 5 StPO rechtswidrig sei.

Doch was bedeutet das für den Betroffenen? Zunächst einmal handelt es sich beim Abgleich von DNA-Daten mit bereits gespeicherten Spuren um einen erheblichen Grundrechtseingriff. Das Bundesverfassungsgericht hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt. Jeder Eingriff in dieses Recht muss auf einer klaren, verhältnismäßigen gesetzlichen Grundlage beruhen. Dies gilt umso mehr bei Maßnahmen, die potenziell ein umfassendes Persönlichkeitsprofil offenbaren könnten.

Die Differenzierung zwischen „Speichern“ und „Verwenden“ von DNA-Daten ist dabei keineswegs bloß juristische Haarspalterei. Denn auch ein einmaliger Abgleich – der vermeintlich keine Speicherung darstellt – kann in seiner Wirkung einem permanenten Zugriff gleichkommen. Wird ein solcher Abgleich regelmäßig durchgeführt, so entsteht faktisch ein dauerhaftes Kontrollsystem, das jedoch nicht den formalen Anforderungen der Speicherung im Sinne von § 81g StPO genügt. Die Möglichkeit, ein DNA-Profil jederzeit erneut einzuspeisen und abzugleichen, stellt einen massiven Eingriff in die persönliche Freiheit dar.

Wenn Strafverfolgungsbehörden diese Praxis standardisieren, ohne die spezialgesetzlichen Hürden zu beachten, so liegt ein systematischer Rechtsverstoß vor. Und das hat Konsequenzen: Im Strafverfahren kann die auf diesem Wege gewonnene Erkenntnis als Beweismittel unzulässig sein. Ein Verwertungsverbot kann ausgesprochen werden, insbesondere wenn sich zeigt, dass der Gesetzesverstoß bewusst und planmäßig erfolgte. Gerade in Schleswig-Holstein war dies der Fall. Die Landespolizei hatte in einer internen Richtlinie festgelegt, dass der DNA-Einmalabgleich stets auf § 98c StPO gestützt werde, ohne die Anforderungen des § 81g StPO zu prüfen. Das Landgericht Kiel hat dies als strukturellen Rechtsverstoß gewertet und eine Beweisverwertung abgelehnt.

Für Betroffene bedeutet das: Wer sich mit einem solchen Eingriff konfrontiert sieht, sollte umgehend rechtlichen Beistand suchen. Denn nur eine qualifizierte strafrechtliche Verteidigung kann prüfen, ob die Maßnahme rechtmäßig war oder ob sie auf einer unzulässigen Grundlage beruhte. Dr. Maik Bunzel, Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht sowie zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht, ist auf die Abwehr unzulässiger Ermittlungsmaßnahmen spezialisiert. Mit Standorten in Cottbus, Berlin und Kiel sowie der Erfahrung aus mehreren tausend Strafverfahren ist er ein erfahrener Verteidiger auf diesem komplexen Gebiet.

Darüber hinaus stellt sich eine weiterreichende Frage: Wenn DNA-Abgleiche auf unzureichender gesetzlicher Grundlage erfolgen, wie viele andere Verfahren fußen dann ebenfalls auf zweifelhaften Methoden? Die rechtliche Bewertung solcher Maßnahmen verlangt nicht nur juristisches Detailwissen, sondern auch ein kritisches Verständnis der Ermittlungspraktiken. Gerade die Technologisierung der Strafverfolgung darf nicht dazu führen, dass Grundrechte schleichend aufgeweicht werden.

Dr. Bunzel kennt nicht nur die Theorie, sondern auch die Praxis der Ermittlungsbehörden. Seine Expertise in Fragen des strafprozessualen Beweisrechts, insbesondere bei DNA-Analysen, ermöglicht es ihm, in der Verteidigung strategisch fundierte Entscheidungen zu treffen. Seine Argumentation zielt nicht nur auf die rechtliche Angreifbarkeit einzelner Maßnahmen, sondern auch auf deren Bedeutung für die Gesamtheit des Verfahrens.

Ein falscher Umgang mit DNA-Daten kann für Betroffene gravierende Folgen haben: Freiheitsentzug, Rufschädigung und soziale Stigmatisierung sind nur einige der Konsequenzen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig zu prüfen, ob die gewonnenen Beweise rechtsstaatlich einwandfrei erhoben wurden. Dr. Bunzel übernimmt diese Aufgabe mit größter Sorgfalt und setzt sich kompromisslos für die Rechte seiner Mandanten ein.

Wenn auch Sie von einem DNA-Einmalabgleich betroffen sind oder Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines gegen Sie gerichteten Ermittlungsverfahrens haben, sollten Sie keine Zeit verlieren. Nutzen Sie das Kontaktformular auf strafverteidiger-cottbus.de und schildern Sie Ihr Anliegen. In einem vertraulichen Erstgespräch prüft Dr. Bunzel die Sachlage und berät Sie über die weiteren Schritte.

Vertrauen Sie auf Expertise, Erfahrung und Engagement – damit Ihre Rechte gewahrt bleiben.

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In dringenden Fällen erreichen Sie Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus rund um die Uhr unter 0151 21 778 788. Die Kanzlei ist telefonisch montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 0355 49 49 45 50 erreichbar.

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