Umsatzsteuerkarussell: Wenn der Staat zum Opfer wird – und Sie ins Visier geraten

Umsatzsteuerkarusselle gehören zu den komplexesten und zugleich folgenschwersten Erscheinungsformen organisierter Wirtschaftskriminalität. Sie verursachen jährlich Schäden in Milliardenhöhe für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Nach Schätzungen der EU-Kommission betragen die jährlichen Umsatzsteuerausfälle durch Karussellbetrug EU-weit über 50 Milliarden Euro. Besonders perfide: Nicht nur professionell agierende Banden, sondern auch scheinbar unbescholtene Unternehmer können – mitunter unwissentlich – Teil eines solchen Systems werden. Die strafrechtlichen und steuerrechtlichen Risiken sind erheblich und reichen von Vorsteuerkürzungen über Rückforderungen bis hin zu mehrjährigen Freiheitsstrafen.

Wie funktioniert ein Umsatzsteuerkarussell?

Ein typisches Umsatzsteuerkarussell beruht auf einer mehrstufigen Lieferkette über mehrere Mitgliedstaaten der EU. Der zentrale Baustein ist der sogenannte „Missing Trader“: Dieser erwirbt Waren im europäischen Binnenmarkt umsatzsteuerfrei und verkauft sie mit ausgewiesener deutscher Umsatzsteuer weiter, ohne diese Steuer jemals an das Finanzamt abzuführen. In der Regel verschwindet dieser Händler kurz darauf – daher der Begriff „Missing“. Der nächste Händler in der Kette – häufig ein sogenannter Buffer – verkauft die Ware weiter. Diese wird dabei zum Teil mehrfach in einem Kreisverkehr gehandelt, bevor sie wieder am Ausgangspunkt ankommt.

Das perfide System zielt darauf ab, durch wiederholte Vorsteuererstattungen Geld vom Staat zu erlangen, ohne dass eine echte Wertschöpfung erfolgt. Der Bundesgerichtshof (BGH) spricht in diesem Zusammenhang von einer Täuschung über die Leistungsbeziehung im Sinne des § 370 AO (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2013 – 1 StR 595/12). Die Ware selbst ist oftmals lediglich Mittel zum Zweck.

Beispielhafte Konstellation

  • Firma A (aus einem EU-Mitgliedstaat) verkauft umsatzsteuerfrei an Firma B (Missing Trader in Deutschland)
  • Firma B verkauft mit 19 % Umsatzsteuer an Firma C, führt diese aber nicht ab
  • Firma C zieht die Vorsteuer ab und verkauft weiter an Firma D
  • Firma D exportiert die Ware wieder in die EU und erhält eine umsatzsteuerfreie Rechnung
  • Der Kreislauf beginnt erneut, teils mit denselben Waren

Strafrechtliche Risiken: Eine Vielzahl einschlägiger Normen

Die Teilnahme an einem Umsatzsteuerkarussell kann diverse Straftatbestände erfüllen:

  • Steuerhinterziehung (§ 370 AO): Klassisch durch die Geltendmachung unberechtigter Vorsteuerbeträge. Der BFH sieht bereits die Rechnungsstellung durch den Missing Trader als objektive Tathandlung (BFH, Beschluss vom 26.02.2015 – V R 12/13).
  • Gewerbsmäßige Bandenstraftat (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO): Liegt bei organisierter und arbeitsteiliger Begehung über einen längeren Zeitraum regelmäßig vor (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 1 StR 206/11).
  • Geldwäsche (§ 261 StGB): Wenn die aus dem Karussell stammenden Mittel durch weitere Zahlungen verschleiert werden.
  • Betrug (§ 263 StGB): Täuschung über das Vorliegen einer steuerpflichtigen Lieferung gegenüber dem Finanzamt.
  • Kriminelle Vereinigung (§ 129 StGB): Bei dauerhaftem Zusammenschluss mehrerer Personen zur Begehung von Umsatzsteuerstraftaten.

Steuerrechtliche Gefahren: Kein Vorsteuerabzug trotz scheinbar ordnungsgemäßer Rechnung

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) besteht kein Anspruch auf Vorsteuerabzug, wenn der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass er in eine Umsatzsteuerhinterziehung eingebunden war (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006 – C-439/04 „Kittel“; BFH, Urteil vom 19. April 2007 – V R 48/04). Der Unternehmer ist verpflichtet, sich über die Seriosität seiner Lieferanten zu vergewissern. Insbesondere müssen Bonitätsprüfungen, Marktkenntnis und Dokumentationspflichten eingehalten werden.

Ein besonders häufiges Argument der Finanzbehörden: Der Einkaufspreis ist „marktunüblich niedrig“, was auf eine fehlende wirtschaftliche Substanz und eine Täuschungsabsicht hindeute. In der Entscheidung des FG München (Urteil vom 14.10.2015 – 3 K 283/11) wurde ein Vorsteuerabzug vollständig versagt, weil der Händler keine ausreichenden Prüfungen zur Plausibilität der Lieferkette vorgenommen hatte.

Ermittlungsdruck und Verteidigungsmöglichkeiten

Ermittlungen in Karussellfällen laufen oft grenzüberschreitend, koordiniert durch Eurofisc, OLAF und nationale Steuerfahndungen. Betroffene Unternehmen sehen sich häufig mit:

  • Durchsuchungsbeschlüssen,
  • Kontopfändungen,
  • Beschlagnahmen von Geschäftsunterlagen
  • sowie Arrestbeschlüssen konfrontiert.

Hier ist schnelles und rechtlich fundiertes Handeln gefragt. Gerade die Abgrenzung zur bloßen Fahrlässigkeit und der Nachweis fehlenden Vorsatzes sind entscheidend. In der Praxis kommt es dabei auf die Details der Lieferbeziehungen, die Dokumentation von Geschäftsprozessen und die interne Kontrollstruktur an.

Verteidigung durch Experten im Steuerstrafrecht

Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel ist Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht und zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht. Mit Kanzleistandorten in Cottbus, Berlin und Kiel sowie Erfahrungen aus mehreren tausend Strafverfahren verfügt er über das Know-how, um komplexe Steuerkarussellfälle sachgerecht einzuordnen und frühzeitig gegenzusteuern. Die Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung sowie der Besonderheiten des Steuerverfahrensrechts sind hierbei von zentraler Bedeutung.

Fazit: Karussellbetrug ist ein finanzielles und rechtliches Pulverfass

Ein Umsatzsteuerkarussell bringt nicht nur die Fiskalinteressen des Staates in Gefahr, sondern gefährdet auch die wirtschaftliche Existenz beteiligter Unternehmen. Die Bandbreite der Risiken – von rückwirkender Steuerfestsetzung über strafrechtliche Sanktionen bis zur Insolvenz – ist gewaltig.

Wenn Sie den Verdacht haben, in eine solche Struktur hineingeraten zu sein oder wenn bereits gegen Sie ermittelt wird, zögern Sie nicht. Nutzen Sie das Kontaktformular auf strafverteidiger-cottbus.de und nehmen Sie frühzeitig Kontakt zu Dr. Maik Bunzel auf. Eine kompetente Verteidigung kann über den Ausgang des Verfahrens und damit über Ihre künftige wirtschaftliche und private Existenz entscheiden.

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In dringenden Fällen erreichen Sie Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus rund um die Uhr unter 0151 21 778 788. Die Kanzlei ist telefonisch montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 0355 49 49 45 50 erreichbar.

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